Internationaler Eishockeyverband

Schweden entthront Kanada

Schweden entthront Kanada

Tre Kronor holt 10. WM-Titel nach Penaltys

Publiziert 23.05.2017 08:42 GMT+2 | Autor Torsten Gaber
Schweden entthront Kanada
Die Schweden feiern den Weltmeistertitel. Foto: Andre Ringuette / HHOF-IIHF Images
Weltmeister Kanada mußte sich im Penaltyschießen den starken Schweden geschlagen geben und fährt nach 2 WM-Titeln in Folge nur mit der Silbermedaille heim.

Nach 16 Tagen der IIHF Eishockey-Weltmeisterschaft in Köln und Paris fand am Sonntagabend das Finale um die diesjährige Krone im Welteishockey statt. Der 26-fache Weltmeister und Titelverteidiger Kanada traf in der Kölner LANXESS arena vor 17.363 Besuchern auf die Auswahl Schwedens, die sich im nordischen Duell am Vortag gegen Finnland durchgesetzt hatte.

Während Kanada nach WM-Titeln mit dem Rekordhalter Russland (27 Titel) hätte gleichziehen können, hatten die Nordeuropäer die Chance, ihren 10. Titel zu holen und somit ein kleines Jubiläum zu feiern. Ihr letzter Titel ist vier Jahre her, während die Ahornblätter bereits die Goldmedaillen 2015 und 2016 mit nach Hause brachten.

Im schwarzen Glitzeroutfit und mit feurigen Backgroundtänzern stimmte Cascada mit ihrer Eishockeyhymne „Playground“ und ihrem international bekannten Hit „Everytime we touch“ die Hockeyfans auf ein packendes Finale in Köln ein. Gefühlvoll und mit dem richtigen Beat heizte die Blondine die Massen zum finalen Showdown in der LANXESS arena an.

Beide Coaches, sowohl Jon Cooper (Kanada) als auch Rikard Grönborg (Schweden) boten ein volles Line-Up auf und mußten überzählige Spieler auf die Tribüne setzen.

Im Fokus beider Teams standen natürlich die Topscorer des bisherigen Turniers. Schwedens William Nylander führte die teaminterne Scorerliste mit 14 Punkten (7 Tore & 7 Assists) an, Kanadas Nate MacKinnon kam bisher ebenfalls auf 14 Torbeteiligungen, 6 Tore und 8 Vorlagen standen vor Spielbeginn für ihn zu Buche. Nach dem Bronze-Spiel am Nachmittag, das Russland mit 5:3 für sich entschied, führen die Russen Artemi Panarin (17 Punkte) und Nikita Kucherov (15 Pkte.) die Topscorerliste des Turniers an. Nylander und MacKinnon brauchten also mind. 3 Torbeteiligungen, um als Torscorer heimzukehren.

Das Spiel begann sehr offensiv. Bereits mit dem ersten Angriff nach dem Eröffnungsbully war es Victor Hedman, der von der blauen Linie abzog. Victor Rask vor dem Tor der Kanadier fehlten wenige Zentimeter, um den Schuss ins Tor abzufälschen.

Im Gegenzug tauchte plötzlich Sean Couturier vor Henrik Lundqvist auf, der aber die Scheibe aus kurzer Distanz festhalten konnte.

Dann waren wieder die Schweden an der Reihe. Joel Lundqvist passte die Scheibe auf Eriksson Ek, der aber den Puck nach 3 Spielminuten freistehend am Tor vorbeischob.

Es ging hin und her. Beide Teams kamen in den ersten Minuten sehr schnell vors gegnerische Tor und suchten den schnellen Torabschluss.

Als Nächstes stand wieder das schwedische Gehäuse im Blickpunkt. Couturier schoss, Lundqvist konnte seinen Schuss nur abprallen lassen, doch Parayko schaffte es nicht, den Puck vor dem Tor zu kontrollieren.

In der 6. Minute folgte dann das erste Powerplay im Spiel, als Elias Lindholm gefoult wurde von Mike Matheson. Schweden konnte nun im Powerplay für die Führung sorgen. Nylander hatte direkt zweimal die Chance. Einmal ging der Puck knapp am Tor vorbei, den zweiten Schuss von Nylander hielt  Pickard sicher fest.

Die Kanadier überstanden das erste Unterzahlspiel und arbeiteten sich nun wieder ihrerseits nach vorne. Mark Scheifele jagte einen Handgelenkschuss hart und platziert aufs kurze Eck, doch der Außenpfosten verhinderte das erste Tor des Spiels.

Bei 13:08 Minuten gab es eine erneute Strafe für die Nordamerikaner. Alex Killorn mußte in die Kühlbox für 2 Minuten, nachdem er einen schwedischen Stürmer nur per Stockschlag auf dem Weg zum Tor stören konnte.

Die Schweden kombinierten in Überzahl zielsicher und passgenau und suchten ihren Topstürmer William Nylander im Slot. Der wurde aber von den Kanadiern gut abgedeckt.

Aus einem Befreiungsschlag der Kanadier entwickelte sich aber plötzlich eine gute Chance für Kanadas Matt Duchene, der den Puck gut mitnahm und den Torwart aussteigen ließ, dann aber am Tor vorbei gelaufen war und nicht mehr abschliessen konnte.

Nach Ablauf der Strafe war es Brayden Point mit einer schönen Einzelaktion, als er zwei  Verteidiger aussteigen ließ und vor Lundqvist stand. Der griff sich die Scheibe und vereitelte auch diese gute Gelegenheit für die Ahornblätter.

Trotz vieler guter Chancen ging es mit 0:0 in die Drittelpause. Beide Teams waren gefährlich in der Offensivzone, doch die Torhüter verhinderten auf beiden Seiten einen Torerfolg. Es war bis dahin eine ausgeglichene Partie, auch die Schussbilanz von 12:10 für Kanada war nahezu ausgewogen.

Zu Beginn des 2. Drittels dann das erste Powerplay für Kanada. Backström hielt Parayko fest, so gab es bereits nach 50 Sekunden im 2. Drittel das erste Überzahlspiel für Kanada.

Jeff Skinner versuchte es von der blauen Linie, der Puck landete aber nur am Pfosten. Glück für Schweden. Lundqvist wäre ohne Chance gewesen.

Kurz darauf scheiterte auch Scheifele freistehend am Torraum, als er von O'Reilly bedient wurde.

Das Tre-Kronor-Team überstand mit Mühe und viel Glück zwar die Unterzahl, doch Kanada wurde von Minute zu Minute stärker. Gleich mehrere Schüsse von Marc-Edouard Vlasic mußte der schwedische Torsteher in den nächsten Minuten abwehren.

Team Kanada setzte im 2. Drittel mehr auf Forecheck und kraftbetontes Körperspiel und konnte einige gute Checks anbringen. Die Schweden, die die harte Gangart nicht gewohnt waren, hatten hiermit einige Probleme. Kanada übernahm nun die Spielkontrolle.

Die nächste gute Gelegenheit hatte dann Mitch Marner, der einen Pass von Konecny rechts vor dem Tor bekam, aber sein Torabschluss ging knapp am Gehäuse der Schweden vorbei.

Die Schweden kamen nur noch vereinzelt zu Angriffen, Gabriel Landeskog versuchte es aus der Halbdistanz, aber der Puck landete sicher in der Fanghand von Pickard.

Auch Nylander probierte es daraufhin nach 30 Minuten mit einem Alleingang durch die kanadische Defensivreihe, wurde dann aber vor dem Tor in letzter Sekunde abgeblockt. 

Matheson sorgte nach Pass von MacKinnon für den nächsten gefährlichen Schuss der Ahornblätter. Sein Flachschuss aus zentraler Position strich am Pfosten knapp vorbei.

Nach 30:55 Minuten dann eine weitere Strafe gegen Kanada. Es war die Chance für Schweden, jetzt wieder die Spielkontrolle zu übernehmen und Ihrerseits auf die Anzeigetafel zu kommen.

Der erste Schuss von Ekman-Larsson strich knapp am langen Eck vorbei. Backström im Anschluss probierte es mit einem guten Querpass durch den Slot auf John Klingberg. Auch er verfehlte das Tor knapp.

Das Powerplay endete ohne Treffer und Morrissey konnte die Strafbank nach zwei Minuten wieder verlassen.

42 Sekunden vor Ende des zweiten Drittels dann nochmal eine Strafe gegen Schweden. Backström ging für einen Stockschlag auf die Strafbank. Doch es waren die Schweden, die das Tor erzielten in Unterzahl und 1:0 in Führung gingen. Hedman brachte den Puck aus dem Rückraum mit der Rückhand aufs Tor, Krüger und Joel Lundqvist irritierten den kanadischen Torhüter und der Puck ging unberührt von allen Spielern ins Tor. 

Die Führung für Schweden war zu diesem Zeitpunkt mehr als überraschend, hatten die Kanadier doch doppelt so viele Torschüsse abgegeben in diesem Drittel, wie die Schweden (12:6).

Kanada konnte nun immerhin mit 1:18 Minuten Überzahl ins Schlussdrittel starten und direkt am Ausgleich arbeiten. Den ersten Versuch von Nate MacKinnon vor dem Tor konnte Lundqvist aber gewohnt sicher fangen aus kurzer Distanz. Weitere Chancen konnte sich Kanada nicht erspielen, doch direkt nach Ablauf der Strafe folgte eine weitere Gelegenheit, mit einem Mann mehr auf dem Eis zu agieren.

Und diesmal war die Scheibe drin! Mitch Marner schoss aus halbrechter Position aufs Tor, Ryan O'Reilly stand genau richtig und konnte den Abpraller ins Tor heben. Der verdiente Ausgleich für den amtierenden Weltmeister!

In den Folgeminuten standen beide Teams defensiv sehr sicher und es kamen kaum gefährliche Schüsse zum Tor auf beiden Seiten.

Jeff Skinner probierte es nach 50 Spielminuten artistisch im Fallen und mit dem Rücken zum Tor, aber Lundqvist machte das kurze Eck zu. Es blieb weiterhin beim 1:1-Unentschieden.

Beide Teams präsentierten sich sehr stark im eigenen Drittel, ließen den Angreifern kaum Raum zur spielerischen Entfaltung und verteidigten souverän.

Fünf Minuten vor Schluss versuchte es Elias Lindholm mit einem Alleingang und fuhr einmal ums Tor. Doch er konnte den Puck nicht am freien Toreck versenken. Das Spiel nahm nochmal Fahrt auf und beide Teams wollten nun die Overtime vermeiden.

Für Team Schweden bot sich 3:18 Minuten vor Ende die Gelegenheit zur Entscheidung, als Mike Matheson wegen Beinstellens auf die Strafbank mußte.

Klingberg versuchte es von der blauen Linie, Oscar Lindberg verpasste aber die Chance, den Puck gefährlich aufs Tor abzufälschen.

Im Anschluss kam Oliver Ekman-Larsson am linken Bullykreis frei zum Schuss, scheiterte aber an Calvin Pickard. Anton Stralmans Schuss verfehlte das Tor ebenfalls um wenige Zentimeter. Die Schweden nun am Drücker, Team Kanada verteidigte mit allem, was sie zu bieten hatten.

Doch kurz vor Ablauf der Strafe unterlief den Schweden ein Wechselfehler. Es standen 6 Mann auf dem Eis, und Kanada konnte 78 Sekunden vor Ende des Spiels nun selber im Powerplay die Entscheidung im Spiel herbeiführen.

O'Reilly kam kurz vor Ende der Spielzeit frei vor dem Tor nach gutem Querpass durch den Torraum zum Schuss. Das hätte der Siegtreffer sein können, eigentlich sein müssen. Aber der Puck ging am Tor vorbei.

Weiterhin kombinierte sich das kanadische Team nun durch das schwedische Drittel. Doch es fiel kein Tor mehr. Und das bedeutet im WM-Finale 20 Minuten Verlängerung mit je fünf Feldspielern auf dem Eis, anstatt wie im Rest des Turniers üblich mit 3 gegen 3 Spielern nur fünf Minuten zu spielen.

Die 36 Sekunden Unterzahl zu Beginn der Verlängerung überstanden die Skandinavier.

Beinah hätte Matheson einen Puck nach drei Minuten ins eigene Tor abgefälscht und wäre so zum tragischen Helden geworden, nachdem Nordström den Puck relativ harmlos aufs Tor brachte.

Couturier auf kanadischer Seite kam dann aber zu einer guten Chance frei vor dem Tor, den Abpraller konnte Killorn aber nicht im Tor unterbringen.

Nach 9:07 Minuten in der Verlängerung dann die Möglichkeit zur Spielentscheidung für Schweden: Kanadas Couturier bringt vor der eigenen Bank einen Schweden zu Fall und muß runter. Die Überzahl können die Schweden aber nicht in ein Tor ummünzen und beinah hätte O'Reilly mit einem Unterzahlbreak das 2:1 in Unterzahl erzielt.

Die Strafe lief ab und MacKinnon hatte die Riesenchance, als er erst zentral aufs Tor schoss, seinen eigenen Abpraller dann aber aus der Luft nicht im Tor unterbringen konnte. 

Kanada wurde nun wieder stärker.

Nach schöner Kombination kam Matt Duchene frei vor dem Tor zum Abschluss, Lundqvist mußte seine Klasse nun unter Beweis stellen und zeigte, dass er einer der besten Torhüter der Welt ist.

Kanada drückte die Schweden nun weit ins eigene Drittel, sie kamen nur noch zu einzelnen Entlastungsangriffen.

Marcus Krüger zog aufs Tor und schoss, aber übersah dabei den mitgelaufenen Joakim Nordström neben sich, der freie Bahn aufs kurze Eck gehabt hätte aus fünf Metern.

Kanadas Mark Scheifele wollte sich nun in die Geschichtsbücher eintragen und tanzte die gesamte schwedische Abwehrreihe aus, Lundqvist klärte den Puck in höchster Not mit der Stockhand.

Beide Teams drängten auf den Siegtreffer und wollten dem Penaltyschießen aus dem Weg gehen.

Zwei Minuten vor Ende der Overtime war es dann Nate MacKinnon mit einem Traumsolo, der aus dem eigenen Drittel startete, alle Gegenspieler ins Leere laufen ließ, aber schlussendlich an Lundqvist hängenblieb.

So blieb es auch am Ende der Verlängerung beim 1:1 und das Penaltyschießen mußte über die Goldmedaille entscheiden.

Nachdem die ersten beiden Schützen am Torhüter gescheitert waren, versenkte erst Nicklas Backström seinen Penalty und auch sein Teamkollege Oliver Ekman-Larson war erfolgreich. Dazwischen hielt Lundqvist gegen Kanadas Point einen Penalty. Als dann Kanadas Marner zum Penalty anlief war klar, dass er treffen mußte, um sein Team im Rennen zu halten. Doch wieder hielt Henrik Lundqvist, der zum besten Spieler seines Teams gewählt wurde, und damit stand Schweden als neuer Weltmeister fest.

Schwedens William Nylander wurde nach dem Spiel noch als wertvollster Spieler des Turniers ausgezeichnet und durfte die MVP-Trophäe in Empfang nehmen.

Jon Cooper war enttäuscht auf der Pressekonferenz nach dem verlorenen Finale. „Wir fühlen uns nicht, wie nach einem verlorenen Spiel, sondern nach einem verlorenen Penaltyschießen. Das ist sehr bitter für uns.“ Er gratulierte aber auch dem schwedischen Team und seinem Trainerstab und drückte seinen Respekt für den starken Gegner aus: „Es hat Spass gemacht, gegen Schweden zu spielen. Sie sind ein außergewöhnliches Team. Beide Torhüter waren überragend.“

Rikard Grönborg war glücklich, dass sein Team den WM-Titel mit nach Hause nehmen kann. „In der Verlängerung waren beide Teams nah dran zu gewinnen oder zu verlieren. Es gab viele Chancen auf beiden Seiten. Das war das knappest mögliche Ergebnis, das in so einem Finale möglich ist. Weltmeister zu sein ist großartig für uns.“ Ein besonderes Lob hatte er noch für seinen Goalie Henrik Lundqvist übrig: „Er gibt dem Team und der Defensive mit einer Präsenz auf dem Eis einen zusätzlichen Schub.“

 

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