Internationaler Eishockeyverband

Trophäe vor der Trophäe

Trophäe vor der Trophäe

Kühnhackl bringt Stanley Cup nach Deutschland

Publiziert 25.04.2017 15:09 GMT+2 | Autor Martin Merk
Neun Monate vor der Weltmeisterschaft in Köln und Paris kam eine andere große Trophäe nach Deutschland: Tom Kühnhackl brachte den Stanley Cup nach Landshut.

Pittsburgh-Stürmer Tom Kühnhackl und sein Vater, Eishockeylegende Erich Kühnhackl, posieren im Landshuter Rathaus mit dem Stanley Cup. Foto: Martin Merk

Es war ein großer Tag für die Familie Kühnhackl. Tom präsentierte den Stanley Cup in seiner Heimatstadt, wo die Erfolgsgeschichte von ihm und seinem Vater einst begann.

Am 16. August nahm Kühnhackl die Trophäe am Flughafen in München in Empfang und brachte sie als Erstes in die Eishalle nach Landshut, wo alle Jugendmannschaften des Clubs für eine Fotogelegenheit in der Kabine warteten.

Später stellte er den heiligen Gral des Eishockeys im Rathaus vor, wo der Oberbürgermeister und Medienvertreter warteten und Kühnhackl sich ins goldene Sportbuch der Stadt eintrug.

Oberbürgermeister Hans Rampf erklärte, dass er noch nie so viele Medienvertreter in der 70.000-Einwohner-Stadt begrüßen durfte. «Wir sind stolz, so einen talentierten Sportler und Ausnahmeerscheinung aus Landshut zu haben. Mit ihm und Tobias Rieder haben wir zwei Vorbilder, die es von Landshut in die NHL geschafft haben. Sie sind Vorbilder für unsere Jugend in Landshut, wie wir sie brauchen», sagte er im Hinblick auf Kühnhackls Familie und seinen langjährigen Teamkameraden Rieder, der ihn während der Finalserie begleitete, im Saal.

«Ich habe immer noch nicht 100 Prozent begriffen, was ich vor zwei Monaten erreicht habe. Für mich war es von Anfang an klar, dass ich den Stanley Cup in meine Heimatstadt bringen würde, wo alles begann», sagte Kühnhackl.

«Es ist natürlich etwas Außergewöhnliches, so eine Trophäe zu gewinnen. Es ist nicht leicht und es wird lange dauern, bis so etwas passiert», sagte der 24-jährige Niederbayer. «Für mich war es klar, dass ich sie nach Deutschland bringen würde und in meine Heimatstadt. Die Trophäe ist schwer, aber mit dem Gefühl, sie gewonnen zu haben, fühlt sie sich leichter an. In der Kabine im Stadion hat vor 20 Jahren alles angefangen. Für mich war es eine Ehre, den Stanley Cup nach Landshut bringen zu dürfen.»

Draußen auf dem Rathausplatz präsentierte er die Trophäe den rund 2000 Fans, die für ein Foto mit dem Cup und ihrem Helden anstanden. Nach dem offiziellen Teil wurde im engeren Kreis mit der Familie weitergefeiert.

Kühnhackl durchlief die Nachwuchsstufen in Landshut und spielte auch zwei Jahre in der 2. Bundesliga, bevor die Pittsburgh Penguins ihn 2010 in der vierten Runde drafteten. Er ging daraufhin nach Nordamerika, wo er zwei Jahre als Junior in der OHL spielte und dann vier Jahre in der Penguins-Organisation. Lange musste er mit dem Farmteam Vorlieb nehmen, so auch zum letztjährigen Saisonbeginn. Erst im Januar gab er sein Debüt auswärts in Montreal. Seither bestritt er 64 Spiele in der NHL inklusive Playoffs.

«Es ist ein Traum für jeden Eishockeyspieler, es in die NHL zu schaffen und den Stanley Cup zu gewinnen. Dass ich es in meinem ersten Jahr schaffte, ist wie ein Traum», sagte Kühnhackl. «Nun müssen wir schauen, dass wir wieder die Playoffs erreichen und versuchen den Titel zu verteidigen. Ich bin immer noch dieselbe Person. Das Team hat mich gut aufgenommen, sie haben mich gut in die Mannschaft integriert. Ich hoffe, dass ich meinen Job in der neuen Saison gut machen werde.»

«Er hat sich durchgebissen und den Willen gehabt, in der NHL zu spielen, und das Quäntchen Glück, das man braucht, als Pittsburgh den Trainer wechselte und dieser drei Spieler vom Farmteam mitnahm», sagte sein Vater Erich zum bewegenden Jahr.

«Die Penguins hatten einen Lauf. Da hat alles gepasst, vom Torwart bis zum jüngsten Spieler. Dass er nach einem halben Jahr mit dem Stanley Cup hier steht, davon hat er wohl nur geträumt. Er ist einer, der, wenn er sich etwas in den Kopf setzt, es umzusetzen versucht. Er sucht immer die neue Herausforderung.»

Erich Kühnhackl wurde 2000 zum deutschen Spieler des Jahrhunderts gekürt. Er wuchs als Sohn deutscher Eltern in der damaligen Tschechoslowakei auf und spielte in Sokolov bis 1968 als die sowjetische Armee einmarschierte und die Familie nach Deutschland auswanderte. Im selben Jahr debütierte er für den EV Landshut in der Bundesliga und spielte 21 Jahre lang Eishockey auf dem höchsten Level, zumeist in Deutschland (16 Jahre in Landshut, drei in Köln) sowie zwei Saisons in der NLA für Olten. Aufgrund seiner Körpergröße von 196 Zentimetern wurde er auch Kleiderschrank auf Kufen genannt.

«Ich spielte selber Eishockey und weiß, was der Stanley Cup für jemanden bedeutet. Leider bin ich schon 65 und werde es nicht mehr schaffen, aber mein Sohn, der Tom, hat es geschafft. Daher ist es, wie wenn man es selbst geschafft hätte», sagte er, während er gebeten wurde, mit seinem Sohn neben der Trophäe zu posieren. In Deutschland ist er weiterhin eine lebende Eishockeylegende.

«Ich kann die Gefühle nicht umschreiben. Ich bin sehr stolz, dass mein Sohn den Stanley Cup gewonnen hat. Für einen Spieler ist es sehr wichtig und motivierend, den Cup zu gewinnen, und das gilt auch für unseren Verein. Fürs Eishockey generell ist es etwas Einzigartiges. Ich hoffe, es wird einen sehr positiven Effekt haben und dass alle, die etwas im Eishockey zu sagen haben, zusammen und nicht gegeneinander arbeiten, wie es die Pittsburgh Penguins beim Stanley-Cup-Sieg taten», wünscht er sich und fügte mit einem Schmunzeln an: «Früher sagten sie, er sei der Sohn Erichs, nun werden sie sagen, ich sei Toms Vater.»

Sein Sohn hörte es wohl ebenfalls mit einem Schmunzeln, winkte aber ab. «Es ist zwar schön, dass er das sagt. Aber wenn man anschaut, was mein Vater alles erreicht hat, was er für Rekorde aufgestellt hat, da wird er für immer der beste Spieler in Deutschland bleiben und ich bin einfach froh, dass ich ihn als Vater und Vorbild habe», sagte er.

Erich Kühnhackl war viermal deutscher Meister und achtmal Bundesliga-Topscorer. 1976 gewann er Olympia-Bronze in Innsbruck und wurde der erste deutsche Topscorer Bei Olympischen Winterspielen (1976, 1984) und Weltmeisterschaften (1978). Er bestritt 211 Länderspiele, darunter drei Olympiaden und zehn Weltmeisterschaften (8 A-WM, 2 B-WM).

Das Mitglied der Hall of Fame Deutschlands und der IIHF arbeitete später als Trainer in Deutschland, führte die U20-Nationalmannschaft und war im Trainerstab der Herren-Auswahl. Bis 2014 war er Vize-Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes.

Hockeyfans aus jener Zeit fragten sich, wie er wohl in einer stärkeren Liga gespielt hätte.

«Es war schon mal eine Anfrage da von den New York Rangers. Damals spielte ich in Köln. Ich war Profi und verdiente damals in Deutschland sehr viel Geld. Ich war auch einmal eine Zeit lang im Camp [der Rangers]. Aber mit 27, 28 war es auch die Frage, wo man mehr Geld verdient und damals konnte man [in Deutschland] sehr viel Geld verdienen», sagte er, angesprochen auf die damaligen Umstände, als die Löhne in der NHL vergleichsweise bescheiden waren.

Die internationalen Ehren sind etwas, das der Vater seinem Sohn noch voraushat. Dabei wünscht er Tom und dem Nationalteam ähnlichen Erfolg, seit Olympia-Bronze 1976 gab es für Deutschland keine Medaille bei einem Top-Event, auch wenn man bei der letzten Heim-WM 2010 bis ins Halbfinale vorstieß und nahe dran war.

«Natürlich wünscht man es dem eigenen Sohn und der deutschen Nationalmannschaft, dass sie die Olympia-Qualifikation schaffen und dann vielleicht das Quäntchen Glück bei der Olympiade haben und so weit wie möglich kommen. Aber es ist noch ein weiter Weg dahin. Hoffen wir das Beste», sagte er.

Tom Kühnhackl hat offensichtlich die Hockeygene von seinem Vater geerbt. Er begann in jungen Jahren mit dem Eishockey, weil es in der Familie lag, zumal seine Schwester und sein Bruder vor ihm begannen.

«Aber es war nicht so, als hätte mein Vater oder meine Familie gesagt ‚du musst Eishockey spielen‘. Als Kind habe ich Tennis, Golf, Fußball, Eishockey gespielt, alles ausprobiert. Irgendwann habe ich mich fürs Eishockey entschieden, weil mein Vater und meine Familie Eishockey spielten, daher wollte ich das auch machen», sagte der jüngere Kühnhackl über seine Kindheit. «Nachdem er einer der besten Spieler Deutschlands war, wollte ich schauen, ob ich das vielleicht auch irgendwann einmal schaffen kann.»

Der Stürmer wirkt fast ein bisschen bescheiden für einen Spieler, der vor zwei Monaten die Trophäe der wichtigsten Eishockey-Liga gewann.

«Für mich hat sich nichts geändert, auch wenn es komisch klingt. Außer dass die Sommerpause nun kürzer ist und ich schauen muss, dass ich trotzdem in Form komme wie letztes Jahr», sagte er.

Die Pause ist in der Tat kurz. Bald wird die deutsche Nationalmannschaft zur Vorbereitung für das Finalturnier der Olympia-Qualifikation zusammenkommen und nach Riga reisen. Der Gastgeber Lettland hat zuletzt viermal in Folge ein solches Turnier gewonnen, Österreich und Japan sind die anderen Gruppengegner.

«Wir werden uns in Mannheim für die Olympia-Qualifikation vorbereiten und wollen dort zeigen, dass wir das beste Team sind und uns für die Olympiade qualifizieren. Danach beginnt das Camp in Pittsburgh», erklärte Kühnhackl und ist zuversichtlich über die Chancen.

«Wenn wir auf den Kader schauen, gehen wir in die Olympia-Qualifikation mit mehr NHL-Spielern denn je zuvor. Ich denke, wir haben eine gute Chance, das Turnier zu gewinnen und zu den Olympischen Spielen zu fahren.»

Momentan bereitet er sich neben dem Eis in Landshut mit seinem langjährigen Kumpel Tobias Rieder auf die neue Spielzeit vor.

«Wir machen Krafttraining, Ausdauertraining und viele Sprints. Dass ich nicht alleine trainiere, sondern mit Tobi, hilft. Wir können uns gegenseitig helfen, wenn etwas nicht richtig ist und uns gegenseitig motivieren besser zu werden», so Kühnhackl. «Es gibt kein Limit. Man muss immer besser und besser werden, denn man weiß nie, wie lange die Karriere laufen wird.»

Der Stanley Cup kam zu einem guten Zeitpunkt, bereitet sich Deutschland doch auf die 2017 IIHF Eishockey-Weltmeisterschaft vor, die in Köln und in der Co-Gastgeberstadt, der französischen Hauptstadt Paris, ausgetragen wird. Es wird ein riesiger Anlass, der Kühnhackl nicht kalt lässt, der nun erstmals mit dem Herren-Nationalteam spielen wird.

«Es kommt drauf an, ob ich verfügbar sein werde in den Playoffs, aber falls ja, wäre es natürlich eine Ehre die Weltmeisterschaft daheim zu spielen», sagte Kühnhackl dazu.

Es wäre eine einmalige Gelegenheit, um auch international in des Vaters Fußstapfen zu treten.

 

Zurück zur Übersicht